Über meinen ersten Monat in Sofia
Liebe Leserinnen und Leser!
Seit einem Monat bin ich jetzt in Bulgariens Hauptstadt
Sofia und berichte nun über meine ersten Erlebnisse und Eindrücke.
Reise und Ankunft
Am 21. September hatte ich es geschafft. Ich hatte die
letzte Prüfung hinter mich gebracht und konnte auf mein vollendetes erstes Staatsexamen
anstoßen. Jetzt blieb mir noch genau ein Monat bis zu meiner Reise nach
Bulgarien und somit dem Beginn meines Freiwilligenjahres. Bis dahin hatte ich
aber noch viel vor. Zuerst musste ich mich von den Strapazen des ersten
Staatsexamens erholen und während eines kurzen Urlaubes im warmen Süden neue
Kraft für das kommende Jahr schöpfen. Anschließend zog ich in Leipzig aus
meiner geliebten WG aus, verabschiedete mich mit einer kleinen Party, verbrachte
Zeit mit meiner Familie, besuchte noch einmal all meine Freundinnen und Freunde
und nahm feierlich mein Zeugnis entgegen. Und nebenbei erledigte ich noch bis
kurz vor der Abreise alle Vorbereitungen für den Freiwilligendienst.
Am Sonntag den 21. Oktober stieg ich dann in den Zug. Der
Abschied von meiner Familie fiel mir schwerer als erwartet. Durch mein Studium
in Leipzig war ich es eigentlich gewohnt länger von meiner Familie getrennt zu
sein. Aber ein Abschied für ein Jahr ist nun einmal etwas anderes als ein
Abschied für einige Wochen.
Die Zugfahrt mit der Deutschen Bahn von meiner Heimat in
Nordrhein-Westfalen nach München war
nervenaufreibend. Es blieb spannend, ob ich den Bus nach Sofia bekommen würde.
Zum Glück saß ich dann um 22.30 Uhr in meinem gebuchten Bus nach Sofia und
bekam gleich einen kleinen Kulturschock. In dem Bus saßen ausschließlich
Bulgarinnen und Bulgaren. Keiner schien Deutsch oder Englisch zu sprechen und
auch die Busfahreransagen waren lediglich auf Bulgarisch. Als wir am nächsten Morgen
Budapest erreichten, kam der neue Busfahrer auf
mich zu und fragte mich, ob ich mir sicher sei, dass ich im richtigen Bus sitze
und ob ich wirklich nach Bulgarien möchte. Ja ich will! Während der Fahrt
freundete ich mich mit meinen bulgarischen Mitfahrerinnen und Mitfahrern an, sodass die Zeit viel schneller verging als ich gedacht hatte.
Nach meiner gut 30 stündigen Reise wurde ich am Sofia
Busbahnhof von meinem Mitfreiwilligen abgeholt. Der Weg zu meinem Apartment war
nur noch ein Katzensprung. Dort wartete meine Mentorin auf mich und empfing
mich freundlich mit einem Abendessen.
Meine ersten Tage in
Sveti Konstantin
An meinen ersten Tag in Sveti Konstantin führte mich meine
Mentorin durch das Haus. Dadurch bekam ich einen Einblick in alle drei Etagen
und somit auch in alle Projekte die hier im Haus angeboten werden. Außerdem gab
es einige organisatorische Dinge zu klären, wie zum Beispiel wichtige Regeln
und Informationen zum Leben in Sveti Konstantin. Beim gemeinsamen Mittagessen
lernte ich viele neue Gesichter kennen: einige Jugendliche die hier wohnen, die
Kinder die die Nachmittagsbetreuung besuchen und viele Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter die in diesem Projekt tätig sind. So lernte ich zum Beispiel auch
die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Day Care Centers kennen, mit denen ich
während meines Freiwilligenjahres zusammenarbeiten werde. Vor meinem ersten
Abendessen mit den Bewohnerinnen und Bewohner der Notschlafstelle kamen zwei
Roma auf mich zu und begrüßten mich auf Deutsch. Einer von ihnen trug ein
BVB-Trikot… ein Stück aus meiner Heimat mitten in Sveti Konstantin.
Über meine Arbeit im
Day Care Center
Während meines ersten Monats in Sofia habe ich im Day Care
Center von Sveti Konstantin gearbeitet. Zurzeit besuchen zwei Gruppen von
jeweils fünf bis 15 Kindern im Alter von vier bis zwölf Jahren die
Nachmittagsbetreuung (die eine Gruppe von Montag bis Mittwoch und die andere Gruppe Donnerstag und Freitag). Die Jungen und Mädchen haben mich sehr offen und
herzlich in ihre Gruppen aufgenommen. In den ersten Wochen habe ich mit den
Kindern Mensch ärgere Dich nicht und Uno
gespielt und auch neue Gesellschaftsspiele kennengelernt. Da das Wetter Ende
Oktober und Anfang November noch sehr sonnig und warm war, sind wir häufig nach
draußen gegangen und haben Fußball, Basketball oder ein traditionelles
bulgarisches Ballspiel gespielt, das dem deutschen Völkerball etwas ähnelt. Jeden Dienstag und Donnerstag bereitet
eine Kunstlehrerin ein kreatives Programm für die Kinder vor. Passend zu
Halloween habe ich die Kunstlehrerin dabei unterstützt Masken mit den Kindern
zu basteln. Außerdem haben wir gemeinsam T-Shirts bemalt, Geburtstagskarten für
den Hausmeister bemalt und geschrieben, Elefanten gebastelt und in Vorbereitung
auf Weihnachten Krippen gezeichnet. Nachdem die Kinder einen Film zu der
Geschichte des kleinen Prinzen geschaut haben, war ihre Aufgabe ihren eigenen
Planten zu gestalten. Für mich sind es die schönsten Stunden, wenn ich mit den
Kindern zusammen bastele und male. Dann sitzen wir alle an einem langen Tisch
auf dem viel Papier, Material und Stifte liegen und jeder entfaltet individuell
seine kreativen Fähigkeiten. In solchen Situationen fragen mich die Kinder, ob
ich ihnen bestimmte Dinge zeichnen kann. Dann gehen sie zu einer Mitarbeiterin
und fragen wie das jeweilige Wort auf Englisch heißt, damit ich auch verstehe
was ich zeichnen soll. Das beliebteste Motiv der Kinder ist ein Hund. So habe
ich in den ersten drei Wochen viele Hunde gezeichnet. Dabei haben mir die
Kinder genau zugeschaut und manchmal auch parallel mitgezeichnet. An einem
Nachmittag, als ich nach dem Sprachkurs zu den Kindern kam, saßen alle um den
Tisch mit Papier und Stiften versammelt. Eine Mitarbeiterin kam auf mich zu und
sagte mir, dass die Kinder heute schon ganz viele Hunde gezeichnet hätten und
dank mir jetzt jedes Kind im Day Care Center einen Hund malen könne. Somit
konnte ich schon einen ersten kleinen Erfolg in meiner Arbeit mit den Kindern
erzielen und nebenbei habe ich auch noch ein paar Vokabeln gelernt.
Sprachkurs
Zu Beginn meiner zweiten Woche in Sofia habe ich einen
Sprachkurs im Department for Language
Teaching and International Students begonnen. Nach Englisch, Französisch und
Spanisch werde ich also nun meine erste Sprache lernen, die in kyrillischer
Schrift geschrieben wird. Den ersten Unterrichtstag haben wir damit verbracht
das kyrillische Alphabet, das im Bulgarischen 30 Schriftzeichen umfasst, zu
erlernen. Jedes Schriftzeichen kann in Druckschrift oder in Schreibschrift
abgebildet werden, wobei sich diese manchmal sehr voneinander unterscheiden.
Wenn man jedoch einmal das bulgarische Alphabet gelernt hat, kann man
eigentlich alles lesen und schreiben. Bulgarisch ist eine phonologische Sprache,
in der alles so geschrieben wird wie es gesprochen wird. Trotzdem ist es mit
dem Alphabet nicht getan. In den darauffolgenden Unterrichtsstunden lernten wir
viele Vokabeln und einen Teil der Grammatik. In der letzten Woche unseres
Sprachkurses haben wir dann einen unangekündigten Test geschrieben, der unsere
bisherigen Fähigkeiten überprüfen sollte. Die Lehrerin verkündete mir, dass ich
für meine Leistung eine 5 bekommen würde und sie stolz auf mich sei. Zuerst war
ich verwirrt, bis sich herausstellte, dass eine 5 „sehr gut“ bedeutet. Der
Sprachunterricht mit meinen fünf Kommilitoninnen und Kommilitonen aus Russland,
Peru und dem Jemen hat mir viel Spaß gemacht und ich hätte den Kurs gerne
fortgeführt, aber die Arbeit bei Concordia ruft!
Gleich ein Highlight
in den ersten Wochen
Während meiner dritten Woche in Sveti Konstantin, durfte ich
gleich eine besondere Veranstaltung miterleben. Zum zehnjährigen Bestehen von
Concordia in Bulgarien wurde eine Jubiläumsfeier in der Österreichischen
Botschaft ausgerichtet. Ich habe mich sehr geehrte gefühlt zu dieser
Veranstaltung eingeladen zu sein. Dadurch lernte ich unter anderem Markus Inama SJ, der 2008
Sveti Konstantin aufbaute, den Vorstand von Concordia, einige Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter aus den Projekten und zwei Praktikantinnen aus der Deutschen
Botschaft kennen. Außerdem konnte ich an diesem Abend eine bulgarische
Tradition miterleben. Im Eingangsbereich standen zwei Mädchen in traditioneller
bulgarischer Tracht, die ein großes rundes Brot sowie Honig und Salz für die
ankommenden Gäste bereit hielten. Dieses Brot wird traditionell an großen
Festen, wie zum Beispiel Hochzeiten angeboten. Die Gäste nehmen ein Stück von
dem Brot, tauchen es in den Honig ein und streuen anschließend Salz darüber.
Freizeiterlebnisse am
Wochenende
An meinem ersten Wochenende in Sofia habe ich die Free Sofia
Tour gemacht. Das ist eine kostenlose Sightseeing-Tour in Englisch, die von
jungen Leuten zweimal am Tag angeboten wird. Diese Tour war für mein erstes
Wochenende perfekt. Ich habe mehr Orientierung in der Stadt bekommen und
erfahren was für eine kulturelle und religiöse Vielfalt Sofia zu bieten hat.
Das Wetter war warm und sonnig, sodass ich in dem Park vor dem Nationaltheater
die Sonne genießen konnte.
An dem darauffolgenden Wochenende habe ich mit einer Kommilitonin
aus dem Sprachkurs Sofias Shoppingmöglichkeiten erkundet. Es gibt mehrere Shoppingcenter
und Straßen mit Geschäften. Wir haben uns für das Paradise Center entschieden, das Shoppingcenter wie denen in
Deutschland sehr ähnelt. Somit konnte ich bei H&M, dm und Deichmann ein
paar Dinge einkaufen, die mir noch fehlten und wir hatten einen schönen
Nachmittag.
Da wir bei der Sightseeing-Tour keine der Sehenswürdig-keiten
von innen besichtigten, habe ich beschlossen das nachzuholen und mit den sechs
bekanntesten Kirchen Sofias zu beginnen. So besichtigte ich die Katedrala Sv.
Aleksander Nevski, Sv. Sofia, Sv. Nikola, Sv. Georgi, Sv. Nedelja und Sv. Petka
Samardšiska. Diese orthodoxen
Kirchen beeindruckten mich mit ihrem historischen Hintergrund, den goldenen
Kuppeln und den Fresken aus den 6. bis 16./17. Jh. sehr.
Da Glaube in meinen Alltag schon immer eine wichtige Rolle
spielt, habe ich an den Sonntagen die Messe in der katholischen Kathedrale
„Heiliger Joseph“ besucht. Das Feiern der Messe hat in diese ungewohnte Umgebung
und in meinen neuen Alltag ein Stück Normalität gebracht. Die Gemeinde ist auf
internationale Gäste gut vorbereitet. Es gibt Zettel auf denen die aktuellen Lesungen,
das Evangelium und auch ein Impuls in verschiedenen Sprachen abgedruckt sind.
Ich hoffe, dass ich bald auch die Messe auf Bulgarisch mit beten kann und
vielleicht auch Anschluss in der Gemeinde finde.
Fazit
Der erste Monat verging wie im Flug, meine anfängliche
Unsicherheit ist verfolgen und ich freu mich auf die kommenden Wochen!
Bis dahin, eure Louisa!
Bis dahin, eure Louisa!
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