Adventszeit bedeutet Geduld haben
Liebe Leserinnen und Leser,
schon wieder ist ein Monat vergangen und somit
bin ich mittlerweile schon fast acht Wochen in Sofia. Es ist also höchste Zeit
für einen neuen Blogeintrag, in dem ich euch berichten möchte wie ich die
ersten Arbeitstage in einem weiteren Projekt und die Adventszeit hier in Sofia
erlebt habe.
Seit fast drei Wochen arbeite ich im Family type house, einem weiteren
Projekt von Concordia hier in Bulgarien. Das Haus befindet sich in Bozhurishte einer kleinen Vorstadt von
Sofia. Dort leben neun Jungen und Mädchen im Alter von neun bis 13 Jahren, die
aus verschiedenen Gründen nicht mehr bei ihren Familien leben können. Sie
werden von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern sowie Angestellten betreut,
die kochen und sich um den Haushalt kümmern. Wenn die Kinder am Mittag oder
Nachmittag aus der Schule kommen, ist es meine Aufgabe ihre Freizeit sinnvoll
zu gestalten, sodass sie nicht den ganzen Nachmittag vor dem Fernseher
verbringen.
Um die Kinder kennenzulernen und einen
Eindruck von meinem neuen Arbeitsplatz zubekommen, habe ich die Kunstlehrerin,
die ich bereits aus dem Day Care Center
kenne, zu ihrer Kunststunde nach Bozhurishte
begleitet. Das war sehr hilfreich, denn der Weg vom Stadtzentrum in die
keine Vorstadt dauert mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine gute Stunde und
sie konnte mich gleich mit dem Wachhund Lora
und den Kindern bekannt machen. Die Kinder haben sich sehr gefreut, dass ich
da war und wollten mich sofort kennenlernen. Wir haben gemeinsam Bilder gemalt
von denen sie mir gleich einige geschenkt haben.
An meinem ersten richtigen Arbeitstag fuhr ich,
ohne ein Nachmittagsprogramm im Gepäck zu haben, nach Bozhurishte. Ich wollte zunächst sehen wie ein Tag in dem Haus abläuft und
was die Kinder gerne machen. Als ich ankam gab uns die Sozialarbeiterin die
Aufgabe den künstlichen Weihnachtsbaum aufzubauen und das Wohnzimmer zu
schmücken. Es gab Bastel-Sets mit denen wir die Weihnachtsdekoration selber
herstellen konnten. Schnell merkte ich, dass die Kinder keine Ausdauer hatten
bei der Sache zu bleiben. Ich versuchte sie mit meinen wenigen Worten
Bulgarisch zu überzeugen, dass wir noch lange nicht mit dem Schmücken fertig
sind und gab ihnen verschiedenen Aufgaben. Und so gelang es mir dann doch noch,
dass wir den ganzen Nachmittag damit verbrachten das Wohnzimmer zu schmücken. Da
in dem Haus weder die Mittarbeiterinnen und Mitarbeiter noch die Kinder
Englisch sprechen, überlegte ich welche Freizeitaktivitäten ich auch problemlos
mit wenigen Worten Bulgarisch gut gestalten könnte. Ich entschied mich den
Kindern das Spiel UNO beizubringen, denn die Zahlen und Farben sind Vokabeln,
die ich mittlerweile auf Bulgarisch sicher beherrsche. Die Kinder waren von dem
Spiel so begeistert, dass wir an mehreren Tagen stundenlang UNO spielten.
Allerdings gerieten sie dabei immer wieder aneinander. Sie stritten und
prügelten sich, ein anderes Kind warf plötzlich alle Karten durch den Raum,
weil anscheinend irgendwer gemogelt, sich nicht an die Regeln gehalten oder zum
fünften Mal in Folge eine Aussetz-Karte bekommen hatte. Ich konnte nur
dazwischen gehen und Schlimmeres verhindern aber den Konflikt nicht fair lösen,
denn ich verstand nicht um was es genau ging und mir fehlten die Wörter, um mit
den Kindern eine Lösung zu finden. Ich versuchte ein paar Regeln einzuführen:
Jeder sitzt auf einem Stuhl statt zu stehen oder auf dem Tisch zu sitzen, damit
wir die Reihenfolge der Spieler einhalten können und alle halten die Karten
über statt unter dem Tisch, sodass keiner mehr heimlich ein paar Karten von der
Hand verschwinden lassen kann. Und so kamen wir einem gemütlichen
Adventsnachmittag und dem Weihnachtsfrieden ein Stück näher.
Die Adventszeit begann für mich auf dem
deutschen Weihnachtsmarkt in Sofia in einem Stand von Concordia. Dort wurden
Kerzen aus der Kerzenwerkstatt und Tassen, Teller sowie Wanddekoration aus der Keramikwerstatt,
die von den Jugendlichen hergestellt werden, verkauft. Diese beiden Nachmittage
auf dem Weihnachtsmarkt haben mich gleich in Advents- und Weihnachtsstimmung
gebracht.
Aber auch in Sevti Konstantin
kehrte Adventsstimmung ein. Nach und nach wurden der Speisesaal, die Flure und das
Day Care Center mit Weihnachtsdekoration
geschmückt. Da ich bereits vier Wochen im Day
Care Center mitarbeitete, fühlte ich mich bereit mein erstes
Nachmittags-programm für die Kinder zu gestalten. Ich überlegte was ich mit den
Kindern zum Beginn der Adventszeit machen könnte und entschied mich mit ihnen einen
Adventskalender zu basteln. Wir bastelten aus 24 Klopapierrollen Tannenbäume,
Weihnachts-männer, Sterne und Schneemänner, die ich anschließend für die Kinder
mit Süßigkeiten füllte. Außerdem malten wir zum Beginn der Adventszeit
Weihnachtsbilder, durch die mir die Kinder und Mitarbeiterinnen alle wichtigen
Vokabeln rund um das Weihnachtsfest beigebracht haben. Und so verbrachte ich
die ganze Adventszeit mit den Kindern im Day
Care Center und im Family type house
kreativ. Die Kunstlehrerin unterstütze ich dabei mit den Kindern
Weihnachtskarten zu basteln, die auf dem Weihnachtsmarkt verkauft werden und
von Concordia zu Weihnachten verschickt werden. Außerdem malten wir auf einem
großen Plakat gemeinsam an einem Weihnachtsbaum und bastelten Schneeflocken, die
wir zu einer Girlande aufreihten und anschließend aufhängten.
Mit Adventszeit verbinde ich vor allem Geduld.
Wir warten 24 Tage geduldig auf Jesus Geburt und darauf das Weihnachtsfest endlich
feiern zu dürfen. In dieser Adventszeit musste ich nicht nur Geduld haben, um
auf Weihnachten zu warten, sondern auch dafür, dass meine bulgarischen
Sprachkenntnisse Stück für Stück besser werden. In Bozhurishte gibt es viele Situationen in denen Kommunikation so
hilfreich wäre, aber für mich einfach noch nicht möglich ist. Zum Beispiel habe
ich zwei Kindern bei ihren Mathematikhausaufgaben geholfen. Ein Mädchen sollte
ungleiche Brüche addieren und war damit total überfordert. Ich schrieb ihr den
Rechenweg auf und versuchte ihr zu erklären wie man verschiedene Brüche auf
einen gemeinsamen Nenner bringt. Sie folgte mir aufmerksam doch richtig
verstehen konnte sie es alleine durch meine Aufzeichnungen nicht… Anfang
Dezember kamen zwei ehemalige Freiwillige zu Besuch. Es war sehr interessant zu
hören wie sie ihre Zeit hier verbracht und erlebt hatten. Sie versicherten mir,
dass ich nach meinem Freiwilligenjahr nicht perfektes Bulgarisch aber gut
kommunizieren könne. Ich müsste vor allem in den ersten drei Monaten viel
Geduld haben und akzeptieren, dass ich nicht viel verstehe und sagen kann und
danach würde alles viel besser. Zwei Monate sind nun also schon um, das heißt
nur noch einen Monat Geduld haben.
Zumindest das Warten auf Weihnachten hat jetzt
schon ein Ende und somit wünsche ich euch einen schönen vierten Advent, ein
friedliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Eure Louisa
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