Eine Reise durch das halbe Land
Liebe Leserinnen und Leser,
in diesem Blogeintrag könnt ihr
über meine Erlebnisse aus dem letzten Monat lesen oder euch ein paar exklusive Reisetipps
für euren nächsten Urlaub in Bulgarien einholen. Diesmal geht es nicht um meine
Arbeit bei Concordia, sondern um meine Reise durch halb Bulgarien, denn im Juni
habe ich mir mal ein paar Tage Urlaub gegönnt.
Anfang Juni kam mein ehemaliger
Mitbewohner zu Besuch. In meiner Wohnung hatte wir Zeit unser altes WG-Leben
nochmal aufleben zu lassen, zusammen zu kochen und stundenlang zu quatschen.
Aber natürlich nutzten wir auch die Zeit, um ein bisschen was vom Land zu sehen
und die Kultur kennenzulernen. In Begleitung eines guten Freundes fuhren wir in
die kleine Wein- und Museumsstadt Melnik, die im Südwesten Bulgariens liegt.
Dort angekommen spazierten wir zwischen den weißen Kaufmannshäusern mit roten
Dächern umgeben von Sandsteinpyramiden.
Das war eine wirklich einmalige Kulisse, die ich so bisher noch nicht in Bulgarien
gesehen hatte. Eines dieser Häuser ist die größte Kaufmannsresidenz des
Balkans, die man auch besichtigen kann. In den Räumen mit bunten Glasfenstern,
Holzmöbeln, Malereien an den Wänden und farbenfrohen Teppichen und Decken kann
man sich ein Bild davon machen wie ein wohlhabender Weinhändler früher in
dieser Gegend gewohnt hat. Neben den gemütlichen Wohnräumen hat das Haus einen
riesigen Weinkeller. Tief in dem kalten und dunklen Sandstein lagert Wein in
großen Fässern, den man nach dem Grundgang probieren kann. Da uns der kleine
Schluck Wein bei der Verkostung nicht genug war, setzten wir uns in eins der
bulgarischen Restaurants und tranken nach einer erfrischenden Tarator, einer kalten Gurkensuppe, eine
Karaffe Wein aus Melnik. Anschließend besichtigten wir das Kloster Manastir Rosen, das eine wirklich sehr
idyllische und ruhige Atmosphäre hat. An den Innen- und Außenwänden ist die Klosterkirche
mit Malereien geschmückt und innendrin findet man natürlich einige Ikonen.
Etwas außerhalb von Melnik befindet sich der Lyubovishte Tunnel, der zwei Ortschaften verbindet und von Deutschen
durch das Gebirge geschlagen wurde. Der Luftzug, der durch den Tunnel ging, war
für uns eine perfekte Abkühlung von dem sonnigen und heißen Tag in Melnik.
Einen zweiten Ausflug unternahmen
wir nach Kazanlak in die Mitte Bulgariens. Die kleine Stadt liegt im Rosental
und ist unter anderem für seine Vielzahl an blühenden Rosen bekannt. Zur
perfekten Blütezeit der Rosen konnten wir im Rosarium die großen und duftenden
Rosenblüten bewundern, uns im Rosenmuseum zur Geschichte und Herstellung von Rosenöl
in Bulgarien informieren und uns anschließend mit diversen Rosenprodukten
eindecken. Seit dem 17. Jh. wird Rosenöl im Balkangebiet hergestellt. Um 1 g
Rosenöl herzustellen benötigt man 3 kg Rosenblüten. Auch wenn die Tradition
schon sehr alt ist gibt es heute noch Rosenfelder auf denen zwischen Mai und
Juni jeden Morgen zwischen 4 und 10 Uhr Rosen geerntet werden. Außerdem ist Kazanlak
für ein Thrakergrab aus dem 4. Jh. v. Chr. bekannt. Das Original darf nicht
besichtigt werden, damit es erhalten bleibt, aber ein Nachbau zeigt das kleine
Kuppelgrab. Die Grabkammer ist so klein, dass man zu zweit hinein gehen kann,
um die beeindruckenden Fresken zu sehen. Wie in Melnik gibt es auch in Kazanlak
einige Wiedergeburtshäuser. Eins der
Häuser haben wir uns von innen angesehen, um einen Eindruck zu bekommen wie die
Bulgarinnen und Bulgaren im 19. Jh. gewohnt haben.
Natürlich habe ich meinem Gast
auch Sofia gezeigt und dabei noch ein paar neue Ecken in der mir mittlerweile
sehr vertrauten Stadt kennengelernt. Auf einer Graffiti Sightseeing Tour haben wir nicht nur eine Einführung die
verschiedenen Techniken des Sprühens von Graffitis bekommen, sondern auch die
schönsten Kunstwerke in Sofia gesehen.
Außerdem unternahmen wir einen kleinen
Spaziergang zum Bojana See im
nahegelegenen Vitoscha-Gebirge und
entschieden uns dann noch spontan zum Kopitoto,
dem Fernsehturm in Sofia, zu wandern. Der Weg war überraschend steil und hat
uns viel Anstrengung gekostet. Dafür hatten wir aber einen wunderschönen
Ausblick auf Sofia.
Wenige Tage später hatte ich
erneut Besuch aus Deutschland. Mit meinem Freund verbrachte ich ein paar Tage
in Ruse, einer Handelsmetropole im Norden Bulgariens. Die Stadt liegt an der
Donau und somit auch direkt an der Grenze zu Rumänien. Viele Bulgarinnen und
Bulgaren nennen die Stadt auch Klein-Wien,
weil viele Häuser wie in Wien im Stil des Klassizismus gebaut sind. Man findet
aber auch sozialistische Architektur, wie zum Beispiel einen riesigen
Steinquader in dem sich ein Denkmal für
die Helden der Wiedergeburt Bulgariens befindet. Die Fußgängerzone in Ruse ist
ganz nett für einen Spaziergang und in den Parks kann man zwischen den schönen
Häusern gut eine Pause im Schatten einlegen. Auf einen Spaziergang an der Donau
mussten wir allerdings verzichten. Dort befindet sich zurzeit eine große
Baustelle. Es lohnt sich also nochmal wiederzukommen.
Meine letzte Reise des Monates
führte mich wieder zurück ins Rosental nach Kalofer wo ich meine Freundin und ehemalige
Kollegin Jana besuchte. Wie auch schon nach Kazanlak unternahm ich diese Reise
mit dem Zug. Einige Bulgarinnen und Bulgaren hatten mich schon vorgewarnt, dass
Zugfahren hier nicht die komfortabelste und beste Option sei und sie sollten Recht
behalten. Die Züge waren in die Jahre gekommen, hatten alte Polster und Plumpsklos.
Es gab keine Klimaanlage, es war laut und ruckelte. Aber eins habe ich an den
Zugfahrten doch sehr geschätzt: Sie waren günstig und pünktlich! In Kalofer
angekommen, wurde ich von meiner Freundin herzlich begrüßt und bekam eine kleine
Führung durch das beschaulich schöne Stadtzentrum. Am nächsten Morgen folgte
ich der bulgarischen Tradition und erntete ein paar Rosen. Da die Saison
eigentlich schon vorüber war, mussten wir die Rosen etwas suchen aber unsere
Ernte konnte sich dennoch sehen lassen. Unteranderem ist Kalofer bekannt für
die Kunst des Klöppelns. In einem Museum wurde die Geschichte erzählt wie das
Klöppeln Anfang des 20. Jh. von Brüssel nach Kalofer kam und verschiedene
geklöppelte Spitzen aus ganz Europa ausgestellt. Das war für mich besonders
interessant, weil ich diese Handarbeit von meiner Mutter kenne. Außerdem
unternahmen wir zwei Wanderungen. Eine Wanderung ging hinunter ins Tal entlang
des weißen Flusses. Das Wasser des
Flusses ist so klar und kalt, sodass man es gut zur Erfrischung trinken kann.
Die Wanderung am Tag danach führte uns auf einen Berg zu einem Kloster, in dem
eine einzige Nonne lebt. Sie begrüßte uns sehr herzlich und erzählte uns im perfekten
Englisch über Gott und die Welt. Die
Kirche des Klosters steht direkt an einem Hang von dem man einen wunderschönen
Ausblick auf das Balkangebirge hat.
Durch Jana habe ich an diesem Wochenende
dann noch die Frühstückskultur in Bulgarien ein bisschen besser kennengelernt.
Unter ihrer Anleitung bereitete ich Popara
vor. Dazu werden harte Brotstückchen entweder mit bulgarischem Schafkäse, Butter
und heißem Wasser oder heißer Milch und Zucker in eine Schale gegeben. Dann
wartet man fünf bis zehn Minuten und verrührt die Zutaten. Für mich hörte sich
das nicht nach einem guten Frühstück an, aber die Version mit dem Schafskäse
war wirklich lecker. Nach unserem Wochenende in Kalofer hatten wir dann in
Sofia Baniza und Boza zum Frühstück. Bisher hatte ich Baniza, ein Gebäck aus
Blätterteig und Schafskäse, mehr
zwischendurch als Snack oder am Abend gegessen. Aber auch zum Frühstück hat mir
ein Baniza mit Apfel und Puderzucker sehr gut geschmeckt. Das süße Getränk Boza
besteht vor allem aus Getreide und schmeckt …interessant.
In den letzten acht Monaten habe
ich so einiges von Bulgarien gesehen: den Norden, Süden, Westen und die Mitte
des Landes. Jetzt fehlt nur noch der Osten! Den schaue ich mir dann im August
an. Trotz so vielen Reisen habe ich zwischendurch natürlich auch etwas
gearbeitet. Von den Projekten der letzten und der kommenden Wochen erfahrt ihr
dann in meinem nächsten Blogeintrag.
Bis dahin! Genießt den Sommer!
Sonnige Grüße aus Sofia sendet
euch
Eure Louisa!
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