Über meinen Job als Freizeitgestalterin und den Fernseher meinen größten Konkurrenten
Liebe Leserinnen und Leser,
wie versprochen soll in diesem
Blogeintrag, nach allen den Berichten über meine Reisen durch Bulgarien, die
Arbeit mit den Kindern in Vordergrund stehen. Aber auch diesmal werde ich euch
nicht verschweigen was ich vom Land gesehen habe, denn auch im letzten Monat
hat mich Bulgariens Landschaft mal wieder sehr beeindruckt!
Der bulgarische Sommer scheint,
im Gegensatz zum deutschen Sommer, ganz angenehm zu sein. Heute sind es zwar 33
Grad aber im Juni und Juli war es meist warm und sonnig aber nicht zu heiß und
ab und zu gab es ein Sommergewitter und einen kleinen Regenschauer. Meine Liste
mit vielen Aktivitäten, die ich mit den Kindern während ihrer Sommerferien unternehmen
wollte, war perfekt auf das Wetter abgestimmt. Ich hatte mir viele Aktionen für
draußen überlegt und einige kreative Aktivitäten für zu heiße oder regnerische
Tage, die man auch gut drin machen kann.
Schnell musste ich jedoch
feststellen, dass es gar nicht so einfach ist mit den Kindern ein paar
Gruppenspiele draußen zu spielen. Während die Kinder aus dem Day Care Center sehr glücklich sind wenn sie auf dem Hof Fahrrad fahren und
Schaukeln dürfen, sitzen die Kinder im Familienhaus
vor dem Fernseher, lassen sich zu nichts motivieren und hören mir nicht zu wenn
ich versuche ihr Interesse für ein Spiel zu gewinnen. Dank der Unterstützung
der Kolleginnen und Kollegen im Day Care
Center haben wir dann doch ein paar Mal die bulgarische Version von
Völkerball, Verstecken-Fangen und 10er-Ball gespielt. Und auch beim Pantomime-Spiel
waren nicht nur die Kinder, sondern auch die Mitarbeiterinnen begeistert dabei
und ich denke es war für alle eine schöne Erfahrung mal wieder etwas gemeinsam
zu spielen. Im Familienhaus konnte ich zumindest einmal nach langem Überreden
mit drei Kindern 10er-Ball spielen was ihnen letztendlich viel Spaß gemacht hat
und sie sich so richtig ausgepowert haben. Außerdem gelang es mir ihnen eines
meiner Lieblingsspiele aus meiner Zeit als Messdienerleiterin „Ein Hund geht über die Straße“ auf
Bulgarisch beizubringen. Am wenigsten musste ich die Kinder zu einer
Wasserschlacht überreden. Nach dem alle Ballons geplatzt waren ging es weiter
mit Wassereimern und Wasserschlau und sie waren nicht mehr zu stoppen…
Die kreativen Aktivitäten waren
manchmal deutlich einfacher umzusetzen als die Gruppenspiele, denn da müssen
nicht alle Kinder gleichzeitig mitmachen, sondern jeder kann kommen und gehen
wann er oder sie möchte. Im Familienhaus
blieben die meisten Kinder regungslos auf der Couch liegen wenn ich ihnen einen
Vorschlag für den Nachmittag machte. Aber sobald ich begann eine kleine Tasche
zu nähen oder ein Herz zu falten, wurden ein paar der Kinder neugierige und dann fanden es die anderen
Kinder natürlich auch super cool. Somit nähten wir kleine Portemonnaies für das
Taschengeld, recycelten Milchkartons zu Vasen, bastelten Puppen aus Stoff und
knüpften Armbänder. Um die Wohnzimmerwände etwas zu verschönern haben ich mit
ihnen zum Thema „Sommer, Sonne, Strand und Meer“ Origami gefaltet und Kollagen
gebastelt. Wenn ich mit den Kindern etwas bastele oder nähe, gehen die Dinge
schnell kaputt oder verschwinden von heute auf morgen. Die Armbänder und Portemonnaies
scheinen ihnen aber sehr wichtig zu sein, denn die habe ich auch noch Wochen
nach der Aktion ab und zu mal wiedergesehen. Und auch die Bilder hängen noch im
Wohnzimmer an der Wand. Es scheint als hätten sie gelernt, dass selbstgemachte
Dinge etwas Wertvolles sind auf die man Acht geben muss, um sie behalten zu
können.
Im Day Care Center lassen sich die Kinder von kreativen Aktionen noch
leichter begeistern, weil sie noch etwas jünger sind und ihnen das Alter mit der
Null-Bock-Phase erst noch bevorsteht. Mit den Kindern haben wir zusammen
Schlangen gebastelt, die von der Decke hängen und mit einem Zaubertrick aus
Papier einen Vogel in einen Käfig verwandelt. Das größte Highlight für die
Kinder im Day Care Center war eine
Schaumparty, die sich Magdalena eine neue Freiwillige überlegt hatte. Mit Rasierschaum
malten wir auf einen Tisch Bilder, bauten Schneemänner und veranstalteten natürlich
auch eine kleine Schaumschlacht.
Mein persönliches Highlight war das Projekt
„Action Painting“. Mit Wasserfarbbomben, Bällen, Pinseln, Klopapierrollen,
Händen, Füßen und jeder Menge Farbe bemalten wir große Plakate. Den Kindern hat
es viel Spaß gemacht ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen und die Ergebnisse
können sich wirklich sehen lassen. Aber auch bei dieser Aktion waren nur vier
der neun Kinder aus dem Familienhaus dabei. Manchmal ist es wirklich deprimierend
für mich wenn ich ein Projekt vorbereite, Materialien zusammensuche und extra
noch in den Baumarkt fahre und ich das Projekt dann nur mit vier Kindern
durchführen kann. Vielleicht sollte ich mit den Kindern nicht zu streng sein,
weil einige von ihnen in dem Alter sind in dem man wirklich keine Lust hat
irgendetwas zu tun. Oder ich treffe, trotz Steckbriefen und einer
„Wünsch-dir-was-Box“ einfach nicht die Interessen der Kinder. Ich versuche das
Desinteresse nicht persönlich zu nehmen und nicht zu verzweifeln… auch wenn das
manchmal herausfordernd ist.
Herausfordernd wird es für mich
und die Kinder auch bei den Bastelaktionen, wenn alle gleichzeitig Hilfe von
mir brauchen. Oft sind sie nicht geduldig genug, um zu warten bis ich Zeit für
sie habe oder sie fühlen sich ungerecht behandelt, weil ich einem Kind mehr
helfe. Dann werden sie manchmal handgreiflich und beschimpfen sich. Oft lässt
sich der Konflikt nicht lösen ohne ein Kind von der Aktion auszuschießen.
Manchmal geben sie dann auch alle auf und setzen sich zurück vor den Fernseher
wo alles wieder ruhig und friedlich zugeht. Eine Tasche nähen oder ein Armband
knüpfen ist für die Kinder nicht leicht und sie sind bestimmt manchmal
überforder, aber ich denke damit Kinder sich weiterentwickeln können, müssen
sie Erfahrungen sammeln und sie brauchen jemanden der sie fordert und fördert.
Für die Kinder und mich wäre es wahrscheinlich einfacher den ganzen Tag vor dem
Fernseher zu verbringen aber ich möchte ihnen wirklich eine Chance geben noch
etwas anderes zu erleben auch wenn es manchmal anstrengend ist. Magdalena war
mir bei der Arbeit mit den Kindern in den letzten Wochen eine große Hilfe. Mir
ist mal wieder bewusstgeworden wie hilfreich es ist bei der Arbeit mit Kindern
und Jugendlichen in einem Team zu abreiten. Denn man kann nicht nur die Kinder besser
unterstützen, sondern auch sich gegenseitig. Es ist schade, dass ich nur für
eine so kurze Zeit eine Mitfreiwillige hatte…
Manchmal überraschen mich die
Kinder im Familienhaus. Dann haben
sie auf einmal genug vom Fernsehen und können mir sagen was sie unternehmen wollen.
Heute fragten mich zum Beispiel zwei Jungen
ob ich ihnen helfen kann ihre Hosen und T-Shirts zu flicken. Ihre größte
Leidenschaft ist einen Spaziergang ins Dorfzentrum zu machen und in den kleinen
Supermärkten und Kiosken Eis, Süßigkeiten, Chips und anderes ungesundes Zeug
von ihrem Taschengeld zu kaufen. Auf dem Weg machen wir dann meistens
Stopp an ein paar Obstbäumen und naschen ein paar Kirschen. Am liebsten essen
sie unreife Mirabellen mit Salz. Oft wollen sie aber auch Inliner fahren,
Fanplakate zu der koreanischen Band BTS malen oder Fingernägel lackieren.
Oft verbringen die Kinder und ich
eine wirklich schöne Zeit zusammen aber manchmal gibt es auch ziemlich
schwierige Situationen. Vor allem mein Freizeitprogramm hilft mir immer wieder
ausgeglichen und mit neuer Kraft und Motivation zur Arbeit zu gehen. Unter der
Woche gehe ich zum Swing Tanzkurs und bulgarischen Volkstanzgruppe. Außerdem war
ich in den letzten Monaten viel wandern, weil Sofia von Bergen umgeben ist.
Zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen aus dem Day Care Center wanderte ich zum Kopitoto, dem Fernsehturm Sofias.
Zum Glück war der Weg einfacher als beim letzten Mal. Außerdem stieg ich auf
den Gipfel Tscherni Vrach auf
2376 m im Witoscha-Gebirge. Übersetzt heißt der Berg „Schwarzer Gipfel“ und auf
der Spitze war es wirklich sehr schwarz. Uns überraschten dunkle Wolken, Regen
und Eiseskälte. Am meisten hat mich Bulgariens Natur bei einer Wanderung
zwischen den sieben Seen im Rila-Gebirge beeindruckt. Die Seen sind von drei
Bergen umgeben und je nach ihrer Form oder Besonderheit benannt. Zum Beispiel
ist der See Salsata übersetzt „Träne“
wie eine Träne geformt und an der Spitze fließt stetig etwas Wasser aus dem
See. An einem Nachmittag habe ich nach der Arbeit die Kunstlehrerin in ihrem Atelier
besucht. Ich habe immer sehr gerne mit ihr zusammengearbeitet und es hat mich jedes
Mal beeindruckt mit wie viel Geduld und Freude sie versucht den Kindern das Malen
und Zeichnen beizubringen. Der Besuch in ihrem kleinen gemütlichen Atelier war
sehr schön, vor allem weil sie sich so gefreut hat, dass ich mich für ihre
Arbeit interessiere.
In den letzten Wochen hatte ich
noch ein paar Urlaubstage und somit die Möglichkeit den Osten Bulgariens zu
sehen, den ich bisher noch nicht bereist hatte. Meine Reise entlang des Schwarzen
Meers begann im Nordosten in Kranewo, wo ich ein Wiedersehen mit zwei meiner
besten Freundinnen aus Deutschland hatte. Zusammen mit einem Freund aus Sofia
reisten wir von Kranewo nach Albena, Balcik und Varna. Danach ging es für mich
noch in den Südosten nach Burgas und Sosopol. Diese Reise hat mir gezeigt wie
vielfältig Bulgariens Schwarzmeerküste ist. Kranewo und Albena haben sehr
schöne breite Strände die flach ins Wasser abfallen. Während Albena ein Tourismusprojekt
aus den 70er Jahren ist und eigentlich nur aus Hotels besteht, ist Kranewo eher
ein kleines Dorf mit ein paar neuen Hotels. Man sieht aber auch leer
stehende heruntergekommene Häuser und Hotelanlagen und trifft auf ein paar
Straßenhunde. In Balcik gibt es einen wunderschönen botanischen Garten mit
einer Sommerresidenz in der einst die rumänische Königin Marija lebte. In
Sosopol spazierten wir durch die schöne Altstadt mit den typischen
Schwarzmeerhäusern, die einen steinern Unterbau und ein hölzernes Obergeschoss
haben. Von der Küste Sosopols sieht man die größte Insel Bulgariens die heute
ein Vogelschutzgebiet ist aber früher einmal besiedelt war. Varna und Burgas sind
die größten Städte an Bulgariens Küste und haben eher moderne Innenstädte mit
Geschäften und Cafés. Trotz des Großstadttrubels habe ich in Burgas einen
ruhigen Strand gefunden an dem ich nochmal so richtig entspannen konnte.
Der ein oder andere von euch hat
bereits schon mitbekommen, dass mein Freiwilligenjahr bald vorbei ist. In dreieinhalb
Wochen bin ich wieder zurück in Deutschland. Ich musste mich bereits schon von
meiner bulgarischen Volkstanzgruppe verabschieden. Und es erreichen mich schon
die ersten Fragen: Wie war es? Freust du dich schon auf zu Hause? Wirst du es
vermissen? Bist du erleichtert, dass es vorbei ist?
So viel kann ich euch schon mal
sagen:
- Den erste Schock, den ich vor ein paar Wochen hatte, als mir bewusst wurde, dass mein Freiwilligenjahr schon bald zu Ende ist, habe ich gut verarbeitet.
- Die Vorfreude auf zu Hause, meine Familie und Freunde und meinen neuen Lebensabschnitt in Deutschland ist riesig und wird immer größer.
- Meine To-Do-Liste was ich noch alles in Bulgarien erleben und sehen möchte wird kürzer, aber es gibt auch noch einiges zu tun.
- Die Kinder bereite ich schon langsam darauf vor, dass ich bald gehen werde auch wenn sie es noch nicht wahrhaben wollen.
- Der Abschied wird mir sicher nicht leicht fallen, weil mir die Kinder, das Land und ein paar liebe Menschen hier sehr ans Herz gewachsen sind… aber ich komme ganz sicher nochmal wieder.
Ein abschließendes Fazit über
mein Freiwilligenjahr in Bulgarien behalte ich mir aber für den nächsten und
letzten Bolgeintrag vor.
Bis dahin lasst es euch gut
gehen!
Ganz liebe Grüße aus Sofia
Eure Louisa
Kommentare
Kommentar veröffentlichen