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Ciao Bulgarien, ciao jesuit volunteers! Es war mir eine große Freude! Bis bald!

Liebe Leserinnen und Leser,
ich habe eine gute Nachricht für euch: Ich bin gesund und glücklich wieder in Deutschland angekommen! Auf der 30 stündigen Busfahrt von Sofia ins Ruhrgebiet wurde mir bewusst wie weit entfernt von zu Hause ich dieses Jahr verbracht hatte und wie sehr ich mich auf meine Heimat, Familie und Freunde freute. Jetzt bin ich bereits seit zwei Wochen wieder hier und fühle mich als wäre ich nie weg gewesen. Verzeiht mir wenn ich noch immer den Kopf schüttel und dabei „Ja“ sage oder vergesse mich auf der Rückbank des Autos anzuschnallen… ansonsten bin ich schon wieder ganz gut in den deutschen Alltag integriert. In den letzten Tagen hatte ich viel Zeit mit meinen Mitfreiwilligen von jesuit volunteers das Jahr noch einmal Revue passiere zu lassen und natürlich auch einen Ausblick in die Zukunft zu wagen. Das einzige was mir jetzt noch fehlt, um das Kapitel „Freiwilligendienst“ abzuschließen, ist dieser Blogeintrag. Viele Spaß beim Lesen meines letzten Blogeintrags!
Nach meinem Urlaub am Schwarzen Meer war es nur noch ein knapper Monat bis zu meiner Abreise. So blieben mir also noch ein paar Tage, um das Leben in Sofia und die Zeit mit den Kindern zu genießen bevor der Abschiedsstress begann.
Ich entschied mich für die Kinder im Familienhaus und im Day Care Center Ausmalbilder mit Specialeffekt zu designen. Einige Wochen zuvor musste ich feststellen, dass viele Kinder beim Erkennen von Farben und beim Zuordnen von Farben zu Gegenständen sowie beim Ausmalen Schwierigkeiten hatten. Diese Fähigkeit wollte ich mit Spaß beim Malen und Basteln fördern damit sie auch während den Schulferien etwas lernen. Das Projekt zeigte sich tatsächlich als großer Erfolg, denn überall wo es Klebe, Schere, Watte, Glitzer oder Ähnliches gibt sind die Kinder dabei. Das inspirierte mich auch mein gescheitertes Anti-Aggressionstraining in ein Malprojekt umzuwandeln. Weil Entspannungsübungen, Boxen, Selbstverteidigung, gruppenstärkende Spiele und Trainingsstunden zum Thema gewaltfreie Kommunikation ohne die Unterstützung der Kolleginnen mit den Kindern nicht umsetzbar waren, versuchte ich es mit einem Ausmalbild mit dem Titel „Stoppt Gewalt! Gewalt ist nicht cool!“. Zu meinem Erstaunen waren fast alle Kinder dabei ein Bild auszumalen. Am Ende dieser Aktion hatten wir zehn Bilder die wir im ganzen Haus verteilt aufhängten, sodass nun hoffentlich jeder daran erinnert wird, dass Gewalt keine Lösung ist. 




Und auch bei meinem nächsten kreativen Projekt haben mich die Kinder inspiriert. Eigentlich wollte ich ihnen eine neue Maltechnik beibringen. Diese interessiert sie wenig und sie begonnen Pandas zu malen. Das bekannteste Tier aus dem Land, aus dem ihre Lieblingsband stammt. Schon einige Wochen zuvor hatte ich immer wieder bemerkt, wie viel ihnen die südkoreanische Band „BTS“ bedeutet und dass sie richtige Fans sind. Ich beschloss dieses große Interesse der Kinder zu nutzen, um ihnen ein bisschen mehr über das Land Südkorea beizubringen.  Dazu gestaltete ich ein Ausmalbild zu den typisch kulturellen Merkmalen Südkoreas: die Flagge, das Essen, die Häuser, die Tiere und Pflanzen. Anschließend malten wir eine geografische Karte aus. Dabei lernten sie nicht nur wo die einzelnen Bandmitglieder herkommen, sondern auch wo Südkorea liegt, welche Gewässer und Nachbarländer es gibt und wie die Hauptstadt des Landes heißt. Natürlich gestalteten wir auch noch Steckbriefe über die einzelnen Bandmitglieder. Am Ende unseres mehrtägigen Projekts entstand eine große „Fanwand“ im Wohnzimmer, auf die die Mädchen des Familienhauses mächtig stolz sind. 





Neben den kreativen Aktionen  habe ich mit den Kindern im Familienhaus einen Beautytag mit Masken, Maniküre und Haarstyling veranstaltet. Im Day Care Center konnte ich die Kolleginnen und Kollegen bei einer Müllsammelaktion unterstützt. Auf dem „Kopitoto“,  dem Fernsehturm Sofias, sammelten wir Müll, den die Touristen tagtäglich dort lassen. Anschließend machten wir uns mit den Kindern auf eine Wanderung  zu einer Hütte, um ein kleines Picknick zu veranstalten. Die Kinder hatten viel Spaß im Wald  und manch einer ging auch unfreiwillig im Bach baden. Für mich war das ein sehr schönes Projekt bei dem die Kinder gelernt haben, dass wir unsere Wälder schützen müssen und nicht zumüllen sollten.

Neben der Arbeit blieb natürlich auch noch Zeit das Leben in Sofia zu genießen.  Ich unternahm eine letzte Wanderung ins Vitosha Gebirge zu den „Golden Bridges“. Die Golden Bridges sind ein Steinfluss, der aus riesigen Felsbrocken bestehen und einen Berghang hinunterfließt. In den vielen Parks Sofias genoss ich noch einmal die bulgarische Sonne und tanzte Swing und Volkstanz. Ich ging noch einmal bulgarisch essen, kaufte noch ein letztes Mal auf dem Markt die frischen, saisonalen und günstigen Früchte und shoppte ein paar typisch bulgarische Süßigkeiten, bulgarisches Keramik und viele weitere typisch bulgarische Dinge, die ich nicht mehr missen möchte. Außerdem machte ich noch zwei schöne Ausflüge. Für ein Wochenende fuhr ich nach Griechenland ans Meer und an einem anderen Wochenende besuchte ich den Flohmarkt „Bitaka“. Dieser findet jeden Samstag und Sonntag von 4.00 bis 15.00 Uhr in einem Stadtteil von Sofia statt. Der Flohmarkt liegt direkt neben einem der Ghettos in dem die Roma-Familien wohnen. Neben den Roma-Familien breiten auch einige Bulgarinnen und  Bulgaren dort ihre Decken aus, um Dinge zu verkaufen. Man findet alles von Lebensmittel und Hundewelpen bis zu Werkzeug, Geschirr und Kleidung. Während meines Besuches traf ich einige Kinder, die ich aus dem Day Care Center kenne. Auf der einen Seite war ich froh noch ein Stück mehr von ihrer Lebenswelt kennenzulernen. Auf der anderen Seite war ich mal wieder erschüttert in welchem Umfeld die Kinder aufwachsen. Auf dem Markt war an jeder Ecke laute Musik zu hören, überall lag Müll und alle rauchten Zigaretten. Im April als ich eine der Sozialarbeiterinnen von Concordia bei ihrem Besuch in eines der nahegelegenen Ghettos begleiten durfte, war ich schockiert, dass es in einem Land der Europäischen Union viele Kinder gibt, die in provisorisch zusammengebauten Hütten ohne ein richtiges Bett und fließend Wasser leben und dass sich nur wenige darum kümmern diesen Kindern Bildung zu ermöglichen. Mir wurde bewusst, dass ich sehr dankbar bin, dass ich mich ein Jahr lang für die Kinder der Roma-Familien in Bulgarien einsetzen durfte.
Neben der Arbeit und Freizeit versuchte ich noch die neue Freiwillige einzuarbeiten und ihr möglichst viele Informationen über die Arbeit und das Leben in Bulgarien für einen guten Starten in ihren Freiwilligendienst zu geben. Und als dann auch die zweite neue Freiwillige bei Concordia eintraf wurde es Zeit für mich Abschied zu nehmen. Meinen Abschied habe ich ordentlich gefeiert!  Mit den Kindern im Familienhaus feierte ich eine Abschiedsparty mit lauter Musik, Tanz und Spielen. Einem der Jungs vertraute ich meinen Laptop an. Er schloss seine Boxen an meinen Laptop und wurde zum DJ unserer Party. Zwischen den einzelnen Spielen wie Reise nach Jerusalem, Stopptanz, Eierlauf und Pantomime tanzten wir und naschten etwas vom Buffet. Ausnahmsweise waren mal alle Kinder dabei und die Stimmung war großartig. Als letztes Spiel spielten wir Topfschlagen. Unter dem Topf versteckte ich Geschenke für die Kinder. Jedes Kind bekam ein Foto von sich und mir mit einem Snapchat-Filter. Auf die Rückseite hatte ich jedem Kind eine persönliche Nachricht geschrieben mit Wünschen und Dingen, die ich ihnen gerne mit auf den Weg geben wollte. Sie freuten sich sehr und die Freude wurde noch größer als ich ihnen noch ein großes Poster überreichte auf das ich viele verschiedene Fotos von den Kindern und mir aufgeklebt hatte. Auch sie überreichten mir ein selbstgebasteltes Geschenk. Der Abschied von den Kindern fiel mir wirklich nicht leicht. Auch wenn es oft nicht leicht mit ihnen war, hatte ich sie sehr in mein Herz geschlossen. Ich war Teil dieser Familien geworden und hätte gerne noch mehr für sie getan. Auch im Day Care Center wurde ich mit selbstgebastelten Abschiedskarten überhäuft. Wir tanzten und spielten etliche Male Reise nach Jerusalem. Am Ende der Party gab es selbstgemachtes Banitza und Airan. Auch von meinen bulgarischen Mitfreiwilligen verabschiedete ich mich mit einem Essen in einem meiner Lieblingsrestaurants.  Meinen letzten Abend in Sofia verbrachte ich auf dem höchsten Berg Sofias, um mir den Sonnenuntergang anzusehen. Dabei hatte ich nicht nur einen wunderschönen Blick auf Sofia, ich ließ auch noch einmal mein Jahr als jesuit volunteer in Bulgarien Revue passieren.


Es war ein tolles Jahr, ein fast perfektes Jahr. Es war ein Jahr in dem ….
… ich viel erlebt habe.
… ich ein neues Land und eine neue Kultur kennen und lieben lernen durfte.
… ich viele tolle, hilfsbereite und inspirierende Menschen kennengelernt habe.
… ich eine neue Sprache gelernt habe und viele Erfahrungen sammeln konnte.
… sich meine Kreativität wieder richtig entfalten konnte.
… ich gelernt habe geduldiger zu sein.
… ich auch ein wenig entspannen und mich von meinem Alltag in Deutschland erholen konnte.
… ich in meiner Berufung, sozialbenachteiligte Kinder zu unterstützen, bestärkt wurde.
… ich viel dankbarer dafür geworden bin, dass ich in einer behüteten Umgebung mit guter Bildung aufgewachsen bin.
… eine paar Roma-Kinder von meinen Aktionen zur Freizeitgestaltung profitieren konnten.

Danke an ….
… jesuit volunteers, die mir dieses Jahr ermöglicht haben,
…. meine Familie und Freunde, die mich während diesem Jahr unterstützt haben,
… all die, die mich während diesem Jahr in Bulgarien begleitet haben,
… alle, die etwas für Concordia gespendet haben und
…. euch, dass ihr meinen Blog gelesen habt!

Eure Louisa

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